Skip to content

Wenn das Publikum plötzlich zu jung wird …

Altenburg fast tagtäglich: Alte Menschen dominieren die Stadt, betrachten sie als „ihre Stadt“, wünschen keine Veränderungen. Doch ausrechnet beim Faschingstreiben stellt sich heraus, dass der Altherrenfasching ausgedient hat. Der Faschings-Vereinsvorsitzende des örtlichen Faschingsvereins „Motor“ sinniert: „Es ist Fakt, dass alteingesessene Faschingsgänger wegbleiben, weil ihnen die Veranstaltung zu jung geworden ist“, sagte er der örtlichen Tageszeitung OVZ.

Zu jung? Was kann denn in dieser überalterten Stadt „zu jung“ sein? Der Pflasterolperer sagt dies, zumal zugleich berichtet wurde, dass offensichtlich kein Mensch hier in Altenburg mehr einen Pfifferling für Opas Fasching gibt.

Der Fliesenkauf im Osten

Ihre Wunschfliesen finden Sie bei uns“ – das klang ja vielversprechend. Nun gut, am 4. Februar eines Jahres eine Anzeige für Fliesen zu platzieren, ist zwar ein wenig abenteuerlich, aber wenn man gerade welche braucht, so wie ich, dann fährt man eben mal hin. Der Navi war gut aufgelegt, fand die Strecke auch sofort und führte mich vor die Tür des Fliesenhändlers. „Schau“, sagte die beste Ehefrau nördlich von Johannesburg, „am Mittwoch haben die sogar bis 19 Uhr geöffnet“ – so stand es am Eingang, und so stand es auch in der Anzeige.

Also hinein zur Tür – boing. Tür geschlossen, mittwochs, gegen 14:30. Rätselraten – nochmals die große Tafel mit den Öffnungszeiten von links, schräg, oben rechts und unten links angeglotzt, ein wenig an der Tür gerüttelt – nichts. Schließlich, kaum erkennbar, ein winziges Zettelchen im Fenster: „Ab 12. Februar wieder geöffnet“.

Nein, ich kann nicht mehr zornig sein über so etwas. Aber ich mache mir da manchmal Gedanken, wieso im Osten ständig über schlechte Geschäfte herumgejammert wird.

Kinderbetreuung in Awo-Kitas: 45 Prozent Steigerung für nichts?

Wie aus einer Information der OVZ hervorgeht, steigen die Kita-Gebühren bei der Arbeiterwohlfahrt erheblich – und zwar von bisher 110 Euro monatlich auf jetzt 160 Euro monatlich, entsprechend 1920 Euro jährlich. In Prozenten ausgedrückt sind dies gegen 45 Prozent.

Dies alles geschah angeblich aus „wirtschaftlichen Gründen“ - doch fragt der Pflasterstolperer: aus wessen wirtschaftlichen Erwägungen? Kann es denn sein, dass der Platz in der Kindertagesstätte in Altenburg mit an der Spitze der ostdeutschen Gemeinden steht und nun schon nahezu an die ebenfalls fast unhaltbaren Leipziger Verhältnisse herankommt (2426 Euro pro Jahr)? Im Jahr 2010 „glänzte“ die Stadt Cottbus bereits dadurch, auf Platz 97 bei hundert ausgewählten Städten zu stehen – damals mit 1572 Euro pro Jahr. Der Altenburger Betreuungsbeitrag steht also in keinem Verhältnis mehr zur Größe und Attraktivität der Stadt.

Wie bitte kann verantwortet werden, dass die Bürger der Stadt Altenburg in dieser Weise vor den Kopf gestoßen werden? Jeder Euro, den die Awo zusätzlich einnimmt, muss ja anderwärts eingespart oder zusätzlich verdient werden. Kann sich das die Altenburger Gesellschaft leisten, eine Umverteilung des Einkommens zugunsten der Awo auf diese Weise zuzulassen? Es ist ein Wunder, dass sich niemand diese Frage stellt. Um alleine das Mehreinkommen für eine Erhöhung von 50 Euro zu erzielen, muss eine Familie einen Bruttoeinkommenszuwachs von gegen 80 Euro mehr verdienen – und das ist für viele Familien eine Menge Geld.

Altenburg – Händler, nicht motzen, sondern kreativer werden!

Ein Modemarkt auf der grünen Wiese – das hat die Altenburger Werbegemeinschaft offenbar auf die Palme gebracht. Hintergrund ist ein Gutachten, bei dem der „prognostizierte Verlust“ an Umsatz nun bei kurz unter (und bei der bisherigen Planung bei kurz über) zehn Prozent läge.

Das alles mag so sein oder auch nicht – aber sehen wir doch bitte mal die Fakten, wie sie heute sind: Ist die Altenburger Innenstadt wirklich attraktiv? Wurde alles, aber auch wirklich alles daran getan, sie zu einem Einkaufs- und Dienstleistungszentrum „comme il faut“ zu machen, und zwar äußerlich, vom Angebot her und von der inneren Einstellung?

Erneuerung kommt von innen – und „gegen etwas“ zu sein hat keinen Sinn, solange die Innenstadtgeschäfte nicht attraktiv genug sind. Zu lange hat man sich auf „alteingesessene“ Namen verlassen, auf alternde Kunden geschaut, die Entwicklung der Zeit an sich vorüberziehen lassen. Die Stadt ist voller Friseure, Optiker, Apotheken und Handyshops. Es fehlen die schicken Angebote, die ins Auge stechen, die ständig wechselnden Auslagen – kurz: Es fehlt etwas fürs Auge. Man gehe bitte einmal im Herbst oder Winter Montags, Dienstags, Donnerstags oder Freitags über den Marktplatz – leer gefegt ist die Stätte, unattraktiv und leblos, von einer Würstchenbude einmal abgesehen.

Nein, ich habe keine Lösungen – die Lösungen müssen von jenen kommen, die auch die Verursacher der gähnenden Langeweile des Angebots sind.