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Lange Enthaltsamkeit – und Altenburg

Über Kleinstädte zu schreiben, ist schwierig, weil man niemandem so recht aus dem Weg gehen kann. Man sieht sich stets irgendwo einmal wieder, und gelegentlich beobachtet man einander. Das wirkt hübsch friedlich, behindert aber auch das Ringen um eine bessere Zukunft. Gegenwärtig schreibe ich nicht über die Stadt, beobachte sie aber weiterhin.

Zumeist schreiben Menschen über Städte, die sei aus ihrem Innersten heraus kennen, die sie sozusagen „verinnerlicht“ haben. Doch ist das wirklich positiv zu bewerten? Gerade in Altenburg machte ich die Erfahrung, dass im Hirn der Bevölkerung zwei Seelen wohnen: Eine, die an bürgerlichen Traditionen anknüpft und konservativ in einem Sinne ist, dass „nur nichts verändert werden darf“. Andererseits eine Strömung, in der nach wie vor der kalte Wind des Sozialismus als Maßstab aller Dinge weht. Frischer Wind könnte nicht schaden in dieser Stadt.

Die Frage des Auswärtigen ist ja stets: „Was ist das Besondere? Was bewegt euch am meisten? Was sind die Alleinstellungsmerkmale dieser Stadt? Und, nicht zuletzt: Wo will diese Stadt in sechs Jahren (also jetzt 2020) sein?

Die Stadt hat wenig Antworten darauf. Ob die zerstrittenen Geschäftsleute in der Innenstadt, die Parteien oder die Interessengruppen, ja selbst der Oberbürgermeister: niemand kann genau sagen, wohin die Reise gehen soll. Tendenziell entwickelt sich Altenburg zur Dienstleistungs- und Touristenstadt, man wäre aber gerne auch Handels- und Industriestandort. Letzteres rückt in immer weitere Ferne, weil es kaum einen Sinn für Industrieunternehmen hat, sich in Altenburg anzusiedeln. Und der Handel? Der Konflikt zwischen dem innerörtlichen Handel und dem Handel „draußen auf der grünen Wiese“ ist immer noch nicht gelöst.

Die schönste Innovation an Altenburg der letzten Jahre ist die S-Bahn nach Leipzig. Da sie in beide Richtungen fährt, besteht etwas Hoffnung, die Altstadt mit Neubürgern zu beleben. Wünschenswert wäre es.